Die "Hallo Mister"-Rufe sind verstummt

Pak Stephanus kann es kaum glauben. Aber es ist so. Nach beinahe 30 Jahren übernachte ich wieder in seinem Hotel Sindah in Ruteng.

Die damals nigelnagelneuen Zimmer sind zu heruntergekommenen Löcher verkommen. Hingegen sind die Zimmer im Neubau mit phantastischer Sicht auf die Berge ein Traum.

Aus dem damaligen verschlafenen Nest ist ein pulsierendes Städtchen herangewachsen. Leider ist die direkte Flugverbindung von Denpasar nach Ruteng schon wieder eingestellt. So fliege ich halt in gut einer Stunde von Bali nach Labuanbajo.

Von der Küstenstadt ganz im Westen der Insel fahre ich über die hervorragend ausgebaute Trans-Flores Strasse in nur gerade vier Stunden nach Ruteng. Vor dreissig Jahren habe ich für diese Strecke von rund 120 Kilometern das doppelte an Zeit benötigt!

Die "Hallo Mister!"-Rufe sind verstummt.

Mit Gunung Mas nach Ruteng

Vier stündige Busreise

Wieso das Busunternehmen Gunung Mas (Gunung = Berg, Mas = Gold), also zu deutsch Goldberg, heisst, weiss ich nicht, denn die Busse sind seit Jahren blau. Entlang der Route sind die Berge meist grün. Gut, der GoldenPass Express in der Schweiz fährt ja auch über keinen goldenen Pass.

Wie dem auch sei. Täglich zur vollen Stunde gibt es Verbindungen zwischen Labuanbajo und Ruteng. Aus Erfahrung weiss ich, dass die Abfahrtszeiten etwas gummig sind. Ist ja auch verständlich, denn alle Reisenden werden zu hause oder beim Hotel abgeholt.

Bei mir schlägt der Bus zwanzig Minuten vor der offiziellen Abfahrt auf. Ich mache es mir in einem der komfortablen Schalensitzen bequem. Ausser einer Frau mit ihrem Kind ist noch niemand im Bus. Das ist gut so, denn das heisst Sightseeing durch Labuanbajo. Downtown, wir biegen gerade in die Hafenstrasse ein, ist Stau. Wieso das denn? Es hat zwar schon immer etwas mehr Verkehr als anderswo, aber Stau! Das kann nur eine Ursache haben. Eine Fähre aus Sumbawa herkommend hat angelegt.

So ist es auch. Stop-and-go. Ein Reisender hat sich den Bus an den Pier bestellen lassen! Kaum zu glauben, der Fahrer fährt tatsächlich in den völlig verstopften Hafen rein! Da geht nichts mehr, weder vorwärts noch rückwärts. Der Driver steigt entnervt aus. Nach ein paar Minuten kommt er mit dem Gast zurück. Fragt mich nicht wie er den in diesem Auto-Wirr-Warr und Menchenkneuel gefunden hat. Das ist Dienst am Kunden!

Und weiter geht's, theoretisch. Denn das Chaos hält an! Wir sind bloss 100 Meter vom Ausgang entfernt, aber wir brauchen geschlagene fünfzehn Minuten bis wir endlich draussen wieder in die Hauptstrasse einbiegen. Nun geht es aber flott voran. Auf dem Weg zum Stadtrand steigen noch zwei weiter Passagiere zu. Es sind noch ein paar Plätze frei, als wir uns bereits auf der TransFlores befinden. Der einzigen Verbindungsstrasse, welche sich über die ganze Insel zieht.. Seit ein paar Jahren ist diese Strasse tip-top im Schuss. Eine gut ausgebaute, breite Hauptstrasse.

Gibt man im Google Routenplaner Labuan Bajo (ganz im Westen) und Larantuka (ganz im Osten), werden 648 Kilometer angezeigt. Nun denn, bis Ruteng sind es bloss 132 Kilometer.  Mit einem dieser Gunung Mas Busse ist man in rund vier Stunden am Ziel. Als ich 1989 das erste Mal diese Teilstrecke gefahren bin, es war gerade Regenzeit, waren wir in einem Lastwagen acht Stunden unterwegs!

Die Fahrt ist phantastisch! Über Serpentinen geht es hoch in die erste Gebirgskette, respektive einer ehemaligen riesigen Vulkanflanke hoch, bevor sich die Strasse wieder runter in eine überdimensionierte Kaldera schlängelt. Eine weite Ebene öffnet sich, auf der so weit das Auge reicht Reisfelder die Landschaft prägt. Mittendrin, auf halbem Weg, liegt die Ortschaft Lembor. Da gibt es den obligaten Zwischenstop. Wer will kann etwas kleines aber feines essen. Das lass ich mir nicht entgehen.

Nachdem alle verköstigt sind, geht die Fahrt weiter.Die Strasse steigt wieder an. Es geht aus der Kaldera wieder hinaus. Auf dem Pass liegt die Grenze zwischen den Bezirken Manggarai West mit der Hauptstadt Labuan Bajo und Manggarai (Hauptstadt Ruteng).

Ruteng und Umgebung

Kühle Nächte umgeben von Vulkanen

Ruteng wächst und wächst. Jedes Mal hat es ein, zwei Hotels mehr. In Sachen Essensmöglichkeiten ist die Auswahl immer noch bescheiden. Egal. Ich bleibe ja nur eine Nacht.

Wie immer Checke ich im Hotel Sindha ein. Ich staune nicht schlecht. Pak Stephanus ist in Rente gegangen. Nicht ganz freiwillig hat er die Geschäftsführung an seine langjährige Gerantin abgetreten.

Bei Pak Bony im Kopi Mane hole ich mein reserviertes Motorrad (Sepeda Motor) ab. Am Abend esse ich im Agapec. Das Essen ist solide gut. Ausser mir hat sich niemand in diese Herberge verirrt.

Die Standardzimmer im Sindha sind tatsächlich renoviert worden. Es schläft sich gut in den frisch gestrichenen und aufgemöbelten Zimmern. Ich packe nur das allernötigste in meinen kleinen Tagesrucksack. Alles andere verschwindet im grossen Reisegepäck. Dieses deponiere ich bei Pak Bony.

Ich bin bereit. Das Abenteuer kann beginnen. Um zehn Uhr, wie abgemacht, treffe ich mich mit Suster Natalia beim Gembala Baik Orden. Liegt am Weg. Sie dankt mir immer wieder für meine damalige Hilfe. Wie schon bei Pak Bony im Kopi Mane, laufen die Geschäfte hier bestens! Mittlerweilen beschäftigt Natialia zwanzig Mitarbeiterinnen. Damals, bei meinem ersten Besuch sind es nur gerade vier gewesen. Zu meinem Kaffee bestelle ich noch zwei Flaschen Honig.